Inhalt:

Episoden meines Lebens als Outlaw und Statements zum Status quo unserer, wie ich das sehe, völlig durchgeknallten Spezies wechseln einander ab.

Vergangenheit und Gegenwart werden in raschem Rhythmus auf die geistige Netzhaut projiziert. Die Geschichten sind Cliffhanger und lassen den Leser mit offenem Mund hektisch das Buch zuschlagen, weil er beim Lesen in der U-Bahn völlig vergaß, auszu-steigen und bereits drei Stationen zu weit gefahren ist. Inspiriert bin ich am ehesten durch Max Goldt, T.C. Boyle, David Sedaris, aber auch durch Philippe Djian und seine Poesie des Alltags. Er surft ganz locker auf der Welle seines Stils und der kann was, der Stil. Da frag ich mich: „He, warum nicht flapsigen Stil UND echt erlebte Geschichten?“ Ich schmiede Worte zu einfachen Gebilden, darauf achtend, kalorien-schonend zu Werke zu gehen, denn die Kalorien-bomben, die liegen schon auf den Bücher-tischen; da halte ich mich raus. Meine Geschichten sind für Menschen, die mit leichtem Hungergefühl ins Bett gehen und deshalb noch sensibel für den Status quo unserer Spezies sind.

LEBEN AM ENDE DES ANALOGEN ZEITALTERS


Leseprobe:


..... Jetzt hör ich wen rufen: »Mensch, hat doch keine Seele, was der da schreibt«, und da sag ich:   »Kann ja auch keine haben, Seelen gibt´s ja gar nicht!«


   Man muss sich das nur mal durchrechnen, dann wird das doch alles klar:

Tiere haben natürlich keine Seelen - außer Delphine, wenn man Frauen mit Batik-Röcken und Keramik-Enten im Wohnzimmerregal Glauben schenken will. Aber die Delphine lasse ich jetzt mal außer Acht, das wird sonst alles zu kompliziert. Vereinfachen wir und unterwerfen wir uns der miesepetrigen Vorstellung, nur wir von der Spezies Homo Sapiens hätten Seelen. Ich meine, jeder nur eine, schließlich hat jeder von uns auch nur einen Reisepass, abgesehen von Drogenkurieren und Doppelagenten und Paris Hilton, aber auch die müssen wir hier vernachlässigen, sonst kommen wir nicht zu Rande mit dem Ganzen und wir wollen ja auch irgendwann mal ins Bett.


   Also eine Seele. Gut.

Als Gott Adam und Eva erschaffen hat, gab´s also zwei Seelen. Nur zwei? Das erste Paradoxon. Aber ich werfe jetzt nicht die Flinte ins Korn, sondern drehe das Rad der Zeit zurück bis, sagen wir mal, hunderttausend vor Pilatus. Da zogen geschätzte zweihunderttausend Hominiden über den Erdball und hinterließen jede Menge Müll - im Gegensatz zu heute aber biologisch abbaubaren. Nehmen wir des Weiteren an, die hatten jetzt jeder plötzlich eine Seele, obwohl sie gar nichts davon wussten und wir eigentlich auch nicht wissen, wo die hergekommen sein sollen, immerhin gab´s ja von Anfang an nur zwei. Aber wir wollen nicht kleinlich sein und notieren: Zweihunderttausend Seelen. Da starb dann immer wieder mal der eine oder andere und die nunmehr herrenlose Seele stieg in den Himmel auf und kam dann irgendwie zurück, zuhause in einem neugeborenen Weltenkind. Jetzt müssen wir interpolieren, das kann man aber nur, wenn man Pflichtschulabschluss hat und nicht zu viele Drogen genommen hat die ganzen Jahre über. Aber keine Angst, wir kriegen das hin.


   Ein weiterer Hominide kam hinzu. Sobald also zweihunderttausendundein Hominiden sich die Bäuche mit unschuldigen Tieren vollschlugen, fehlt uns dann doch eine Seele in der ganzen Rechnung. Nehmen wir mal an, diese fehlende Seele stammt von einem Delphin. (Jetzt müssen wir doch die Delphine mit einbeziehen und ich hatte schon gehofft, uns das zu ersparen und ja, es gab schon Delphine. Die hat DER doch am zweiten oder dritten Tag gemacht.)


   Aber noch stimmt die Rechnung. Zweihunderttausendundein der Sprache nicht mächtigen, dafür aber beseelten Hominiden bevölkern die Erde. Ist es wahrscheinlich, dass uns nun immer mehr Delphine ihre Seelen schenkten, um uns die Möglichkeit zu geben, diesen Planeten eines Tages mit Hochhäusern für Millionen von Menschen vollzustellen, achtspurige Autobahnen zu bauen und die Delphine mit unseren Thunfischfangflotten zu dezimieren? Hier ein klares Nein.


   So blauäugig sind selbst Delphine nicht und: Die wollten sich ja selbst weiter vermehren, und das nicht seelenlos. Ein krasses Seelendefizit war die Folge. Hier trennen sich aber nun die Wege von Esoterikern und ehrlichen, rational denkenden Zeitgenossen. Von mir aus könnten wir uns drauf einigen, dass es nach wie vor nur zweihunderttausendundein Seelen gibt, die, ungerecht, wie die Welt nun mal ist, wie im Lotto verteilt werden. Eine schöne Vorstellung wäre auch, dass Donald Trump und Robert Mugabe gar keine Seelen besitzen, wohl aber Karl Heinz Böhm und Helge Schneider. Das wiederum geht aber den Esoterikern gegen den Strich. Also wie jetzt? Ich denke, hier liegt vieles im Argen und so Manches ist noch auszudiskutieren. Es bleibt nur zu sagen, dass hier etwas nicht stimmen kann. Bitte um entsprechende Leserbriefe zur Klärung des Sachverhaltes. Zusendungen mit Betreff <Seelendefizit> an den Autor.